Tuesday, June 4, 2013

Sendung 28 - Holy Funk II

Holy Funk! Im zweiten Teil der sakralen Ausgrabungen, stellt euch Caballo unter anderem muslimischen Garagenrock aus Nigeria , deutschen Christ-Psych und Funk aus Israel vor, bei dem viele Cratedigger vom Glauben abfallen dürften (in diesem Falle wohl eher umgekehrt). Euch erwarten noch einmal 60 Minuten geistliche Musik, von der nur die Wenigsten ahnten, dass sie überhaupt existiert.


1) Kent Schneider - The church within us, o Lord

(Celebration of Modern Man, Delmark, 1969)

Komponist und Arrangeur Kent Schneider nahm mit seiner Band The Dukes of Kent und dem Chor Voices of Celebration 1969 das Album "Celebration of Modern Man" auf, welches beim renommierten Label Delmark Records aus Chicago erschien. Auf diesem, auf Jazz und Blues spezialisierten Musikverlag, veröffentlichten unter anderem Kollegen wie Sun Ra oder Anthony Braxton. Der Song "The church within us, O Lord" ist durch die Single-Reissue auf Jazzman Records sicherlich der bekannteste Song dieses musikalischen Kirchenprojekts, das für vom Center for Contemporary Celebration in Indiana iniziiert wurde.

2) Ralph Carmichael - Switchblade Theme
(The Cross and the Switchblade, Light, 1971)

Der Soundtrack zum Film "The Cross and the Switchblade" von 1971 ist unter B-Boys äußerst beliebt - wer das Titelthema hört, braucht sich nicht zu wundern wieso. Der Film basiert auf einem Buch des Evangelisten David Wilkenson, das in Deutschland unter dem Titel "Das Kreuz und die Messerhelden" erschien. Darin beschreibt er seine Arbeit mit Jugendbanden und Drogenabhängigen in New York.
Seine Predigt war vor allem auf die Ermutigung und Stärkung gläubiger Christen ausgerichtet. vermied es, Christen nach ihrer unterschiedlichen Kirchenzugehörigkeit zu sortieren, und fand daher auch in Deutschland eine relativ breite Zuhörerschaft in der ökumenischen Bewegung.
3) Tonistics - Dimona (Spiritual Capital of the world)
(Sweet Land of Mine, Kingdom, 1976)

Die Geschichte der Tontronics beginnt in Chicago. In den Armenvierteln im Süden der Stadt lebten in den 60ern überwiegend Afroamerikaner. Die Glaubensgemeinschaft der Black Hebrews, die hier besonders stark war, sah einen Ausweg aus den schlechten Verhältnissen darin, nach Israel auszuwandern - in jenes Land, in welchem ihrer Auffassung nach der Ursprung ihrer Kultur läge. In der israelischen Stadt Dimona gründeten sie Kommunen, in denen neben gemeinsamen Gebeten auch Musik zelebriert wurde. Die Musik diente dabei nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Verbreitung ihrer Glaubensgrundsätze, die Tonistics sollten mit zeitgenössischem Soul und Funk Mitglieder werben und auf die Black Hebrews aufmerksam machen. Auf der LP "Sweet Land of Mine" sind neben den Tonistics auch weitere Gruppen der Black Hebrews aus Dimona zu finden, wie zum Beispiel The Angelettes und die Vorgänger-Gruppe The Soul Messengers.

4) Masonic Wonders - I call him
(Single, More Love, 1981)

Die Masonic Wonders sind eine kleine Rhythm'n'Blues-Kapelle aus Milwaukee, Wisconsin. Beeinflusst vom Soulsound aus dem nahegelegenen Detroit nahmen sie Anfang der 80er Singles für das christliche Label More Love auf, die mit ihrem analogen Sound eher nach frühen 70ern klingen. Sicher auch ein Grund, warum die Platte heute nur schwer zu finden ist.

5) Impulse Chor + Band - Ein Lied für den König
(Weißt du wo der Himmel ist, Impulse-Musikverlag, 19??)

Dem einen oder anderen dürfte der Song "Ein Lied für den König" bereits auf dem zweiten Teil der großartigen Godly Grooves-Mixe von DJ Scientist und DJ Arok aufgefallen sein. Dieser funkige, positive Track ist ein rares Klangdokument, dass auch in Deutschland christliche Musik entstand, die nicht altbacken oder nach Schlager klingt. Bedankt euch bei Johannes, der mir diesen Song für die Sendung hat zukommen lassen. Auf seinem Youtube-Channel sohnderdonner gibt es noch viel mehr Musik aus geistliche Musik aus Deutschland zu entdecken.

6) Oratorium - Du bist die Stimme
(Oratorium, ASS, 1972)

Diese Privatpressung gilt bei Sammlern weltweit als heiliger Gral. Grund dafür ist neben der winzigen Erstauflage von 300 Exemplaren, der Sound der Platte: Die christlichen Texte auf deutsch wurden unterlegt mit Psychedelic und Garagenrock, wie man ihn sonst nur von raren Progressive-Scheiben aus den USA kennt.Sofort-Kauf im Internet ist möglich, man muss jedoch mindestens 600 Euro auf der hohen Kante haben.


7) Bill Coleman & Jef Gilson - Agnus Dei
(Jazz pour dieu, Unidisc, 196?)

Gilsons Platteneinspielungen, auf denen der französische Pianist und Arrangeur schon früh Kompositionen mit Tempowechseln, bitonalen Schichtungen und chromatischen Themen experimentierte, erschienen größtenteils auf Minilabels. Kommerzielle Erfolge blieben aus, so dass Gilson 1968 vorübergehend nach Madagaskar ging. 1971 kehrte er zurück und orientierte sich nun zunächst am Ethno-Jazz, dessen Vorreiter Mulatu Astatke ein möglicher Einfluss ist. Im vergangenen Jahr starb Gilson in Frankreich. Ein Best of mit raren Aufnahmen erschien bei Jazzman Records.

8) The Aaltos - They crucified him
(In Scandinavia, Evangelii Center, 197?)

The Aaltos kommen aus Schweden. Sie sind protestantisch. In den 70er Jahren brachten sie auf dem Label Evangelii Center zwei Alben heraus, die sich musikalisch zwischen Rock, Psych, Funk und Pop bewegen. Damit erschöpfen sich die Informationen, die ich über die Gruppe sammeln konnte jedoch schon. "They crucified him" stammt von ihrer zweiten und offenbar letzten LP "In Scandinavia".

9) Erich Kleinschuster Sextett - Communion
(Oberwarter Messe, EMI, 1970)

Der österreichische Posaunist Erich Kleinschuster begann seine Karriere beim Tanzorchester von Radio Graz. 1966 gründete der promovierte Jurist sein eigenes Sextett, unter anderem mit Art Farmer und Fritz Pauer. Bereits drei Jahre baute er sich ein zusätzliches Standbein als Hochschullehrer auf im Jazzinstitut des Konservatorium Wien, welches er ebenfalls gründete.

10) James Tatum - Alleluia
(Contemporary Jazz Mess, JTTP, 196?)

 James Tatum ist ähnlich wie Erich Kleinschuster Musiker und Musiklehrer, dessen Karriere durch Jazz geprägt ist und auf diesem Weg auch mit Religion in Kontakt kam. Seit über 30 Jahren unterrichtet Tatum an der Oakland University in Detroit, wo er im Laufe seiner Karriere unter anderem mit Jazzstars wie Coleman Hawkins, Mercer Ellingtion und Dr. Billy Taylor auftrat. Das Album "Contemporary Jazz Mess" entstand meines Wissens nach noch vor seiner Lehrtätigkeit.

11) Andrew Wartts & The Gospel Storytellers - Peter & John
(There is a god somewhere, Champ, 1982)

Mit Hilfe von Oliver Sain's Gitarristen Earl Wright kam die LP "There is a god somewhere" zu stande, die zwei Jahre nach den Aufnahmesessions über das kleine Label Champ Records aus Nashville, Tennesse, erschien. Andrew Wartts und seine Gospel Storytellers liefern hierauf eine Mischung aus Funk, Soul, Gospel und R'n'B, wobei auch der Anteil an Spoken Word nicht zu kurz kommt. Auf "Peter & John" werden die Musiker auch dem Anspruch des Geschichtenerzählens gerecht. Obskur!

12) The Last Call of Shiloh - Joy of a friend
(The Last Call, Last Call, 1972)

Noch eine Privatpressung, die heute äußert begehrt ist: The Last Call of Shiloh stammen aus Sandpoint, Idaho. Die Bandmitglieder lebten gemeinsam in einer christlichen Kommune, ehe sie ein paar Jahre später wohl nach New Jersey zogen und dort unter dem Namen Living Sacrifice auftraten. Der Name Shiloh ist nach Angaben auf der LP ein anderer Name für Jesus, dem sie auf "Joy of a friend" auch Tribut zollen.

13) Majesty - You're number one
(Deliverance, Morata, 1984)

Hat jemand gerade 1450€ parat? Soviel muss man momentan im Netz für die quasi-Privatpressung des Tonträgers "Deliverance" von 1984 zahlen. Damit ist diese Platte alles andere als ein Schnäppchen und zählt zu den rarsten und unbekannteren Scheiben im ohnehin schon sehr speziellen Xian-Genre.

14) Ofo & The Black Company - Allah Whakbar
(Single, Decca, 1972)

Ofo & The Black Company war eine Studentenband, die sich in Lagos gründete und wegen ihres Rufs als spektakuläre Liveband in den 70ern nach Großbritannien eingeladen wurde. Ein Album nahmen sie soweit ich weiß nicht auf, aber eine Single veröffentlichten sie 1972 über Decca UK, die heute bei Sammlern sehr gesucht ist.

15) The Electric Prunes - Holy are you
(Release of an Oath, Reprise, 1969)

Die Mitglieder der Electric Prunes fanden sich in San Fernando Valley, Los Angeles. Sie starteten ihre Karriere mit Psychedelic-Singles, die sie an lokale Radiostationen verschickten. Es dauerte nicht lange, bis das Label RCA auf die Gruppe aufmerksam wurde, die zu diesem Zeitpunkt schon einige Hits in der Region landen konnte. Nach Charterfolgen in den USA und England, stellte Prunes-Manager Lenny Poncher Kontakt zum Arrangeur und Komponisten David Axelrod her. Axelrod schrieb jedoch Stücke, die technisch so anspruchsvoll waren, dass die Garagen-Band während der Produktionsphase von "Mass in F-Minor" aufgab und die kanadische Gruppe the Collectors die Aufnahmen vervollständigten. Für das zweite gemeinsame Album "Release of an Oath" engagierte Axelrod darum Top-Studiomusiker aus Los Angeles und liess die Electric Prunes lediglich den Gesang aufnehmen.