Tuesday, September 11, 2012

Sendung 19 - September 2012

Archivmusik, die Erste: Diesen Monat präsentiert euch Caballo den ersten Teil seines Library-Specials. Macht euch bereit für groovende Funk-Tunes, rauchigen Jazz und Synthie-Soundscapes. Die Musik von Komponisten wie Keith Mansfield, Alan Hawkshaw und David Lindup wurd nicht nur für Fernseh- und Rundfunkproduktionen verwendet, sondern auch von Produzenten wie Madlib, Lewis Parker oder 40 Winks.


1) Keith Mansfield - Blockbuster


(Light My Fire, Bruton, 1978)

Keith Mansfield ist ein britischer Komponist und Arrangeur, der in den 60er und 70er Jahren unzählige TV-Themes und Library-Tunes aufgenommen hat. Er gehört zu den prominentesten Komponisten dieser Branche - nicht zuletzt dank des Filmregisseurs Quentin Tarantino, der seine Musik unter anderem in Kill Bill verwendete.

2) Barigozzi Group - Hong Kong Wind
(Optical Sound, Easy Tempo, 1999)

Hierbei handelt es sich um rare Archivmusik aus Italien. Das Material auf "Optical Sound" erschien in den 70ern auf drei verschiedenen Alben, die heute als verschollen gelten. Das Label Easy Tempo sammelte die Aufnahmen Ende der 90er zusammen und releaste es im Zuge des gestiegenen Interesses an alten Library-Grooves. Der Sound erinnert an andere Gruppen aus Italien wie I Gres oder Marc 4. Wem "Hong Kong Wind" gefällt, dem empfehle ich in ihre Musik reinzuhören.

3) The Dave Pell Singers - Oh Calcutta
(Single, Liberty, 1970)

Diese Single wurde 1969 unter Leitung des Saxophonisten David Pell für das gleichnamige Musical Oh Calcutta! aufgenommen. Geschrieben wurde diese Psychedelic-Pop-Nummer von Stanley Walden, der sich für den Großteil des Scores verantwortlich zeigt. Nach dem großen Erfolg des Musicals Hair waren provokante Musicals mit Themen wie Homosexualiutät und Drogen sehr en vogue auf dem Broadway. Aufgrund der schwachen Story wurde diese Bühnenshow jedoch ein Flop. Ein Feuilleton-Kritiker schrieb damals für die New York Times:
“To be honest, I think I can recommend the show with any vigor only to people who are extraordinarily underprivileged either sexually, socially or emotionally.”

4)  David Lindup - The Observer
(Dramatic Action, Themes International Music, 1973)

David Lindup, Geburtsname East Preston, ist ein weiterer wichtiger Library-Komponist aus England. Am bekanntesten dürften seine Kollaborationen mit Johnny Dankworth sein, sowie seine Arbeit für das britische Library-Label KPM.

5) Eric Framond - Puzzle
(Puzzle, Editions Montparnasse 2000, 1974)

Das 1968 von André Farry gegründete Label Montparnasse ist das mit Abstand wichtigste Library-Label aus Frankreich. Anfangs waren die Platten limitiert auf 1000 Stück, von denen 500 direkt an Fernseh- und Radiostationen gingen. Besonders beliebt war das Label bei den Komponisten, da Farry den Musikern völlig freie Hand ließ und sie ihre Ideen fast uneingeschränkt umsetzen durften.

6) Orch. Puccio Roelens - Caravan
(Love and more Love, Phase 6 Super Stereo, 1969)

Bei diesem Library-Tune des italienischen Komponisten und Orchesterleiters Amleto Armando Roelens handelt es sich um eine kaum bekannte Neuinterpretation von Duke Ellingtons Jazz-Standard "Caravan". Phase 6 Super Stereo ist das wohl wichtigste Label für Archivmusik aus Italien. Mit Releases ab Ende der 60er bis in die späten 80er Jahre, nimmt es eine ähnlich wichtige Stellung wie das französische Montparnasse-Label ein.

                      

7) Gianni Mazza - Eccitamento
(Nervosi, ???, 1972)

Bei diesem Song handelt es sich um ein sehr rares Stück. Gefunden habe ich es auf einer der ersten Library-Compilations, dem großartigen Sampler "Speedball Experience - Obscure Pop Jazz from early 70's Italian Music Library". Sie erschien Mitte der 90er als inoffizielle Pressung über Editions Giaguaro. Auf ihr findet ihr viele italienische Perlen der Production-Music.

8) David Snell - International Flight
(Big business / Wind of Change, KPM, 1973)

Für alles die es ganz genau wissen wollen: Diesen Song findet ihr auf der Platte KPM 1124, auf der hauptsächlich Keith Mansfield arrangiert hat, mit Ausnahme eines Songs von Alan Hawkshaw und David Snell. Snell komponierte zwar auch eigene Stücke, wie in diesem Fall für KPM, hauptsächlich war er aber als Studiomusiker aktiv und spielte Musik für Hawkshaw und Mansfield ein. Wenn ihr also Harfenklänge auf einem ihrer Tunes hört, dann wurden die Saiten vermutlich von Snell angeschlagen.

9) 40 Winks - Not the Destination
(It's the Trip, Project Mooncircle, 2011)

Für diese Ausgabe habe ich es mir nicht nehmen lassen auch mal etwas neueres zu spielen. Die Musik von 40 Winks fügt sich allerdings sehr gut in das sonstige Material der Sendung ein. Kein Wunder, verwendet das Produzenten-Duo aus Belgien doch gerne mal das ein oder andere Library-Sample. Wie das Original klingt, hört im im Anschluss.

10) Barrie Forgie - Dawn Mist
(Mindbender - Stringtronics, Peer International, 1972)

Bei der LP "Stringtronics - Mindbender" handelt es sich um eine der begehrtesten Library-Platten - bei Ebay wechselt sie meist für Preise um die 900 Dollar den Besitzer. Der Grund hierfür liegt sicher in den ungewöhnlichen Arrangments: Alle Songs sind nämlich für Saiteninstrumente komponiert und so hört man - von einigen Percussions zur rhythmischen Untermalung abgesehen - ausschließlich Klangkombinationen von Geigen, Celli, Gitarren, Bässen und sonstigen Chordophonen. Kein Wunder, dass diese Platte daher schon diverse Male gesampelt wurde. Von 40 Winks und DJ Vadim bis hin zu Madlib.

11) John Gregory & His Orchestra - Jaguar
(A Man for all Seasons, United Artists, 1974)

John gregory ist ein umtriebiger Filmkomponist, der seit den frühen 60ern diverse Scores in Film, Radio und Fernsehen platzieren konnte. Da scheint der Weg zur Production-Music nicht weit und doch sind mir nur wenige Aufnahmen bekannt, die er für die großen britischen Labels aufgenommen hat.

12) Paris Studio Group -  Accroche Toi, Caroline
(Voices in the Wind, Sylvester, 1967)

Bei diesem raren Jazz-Song handelt es sich um die Eröffnungsmelodie von "Vision on", einer Serie des BBC, die zwischen 1964 und 1976 lief. Sie richtete sich ironischerweise speziell an Kinder mit Taubheit.


13) Trevor Bastow - Autocue
(The Video Age, Bruton, 1980)

Wer sich ein Bisschen mit den Library-Platten der 80er Jahre beschäftigt, der wird schnell auf den Namen Bastow stoßen. Vor allem für das Label Bruton nahmen Trevor und sein Bruder Geoff abstrakte und elektronische Klanglandschaften auf. Drums sucht man meist vergebens, was angesichts der synthetischen Billig-Drums der frühen 80er aber nicht von Nachteil ist.

14) Peter Milray - Time Machine
(Nomination, Music De Wolfe, 1976)

Bereits 1909 wurde das Label Music De Wolfe in London gegründet und ist somit das mit Abstand älteste Library-Label der Musikgeschichte. Zu dieser Zeit bestand eine musikalische Vorproduktion noch darin, Musik für Stummfilme zu entwickeln und die entsprechenden Themen auf Notenblättern zu drucken. Wenn Musiker für Filmvorführungen auf diese Musik zurückgreifen wollten, konnten sie die Noten dann in sogenannten Kinematheken erwerben. Production-music auf Vinyl entwickelte sich erst in den 60er Jahren und wurde anfangs noch auf 10"-Platten vertrieben. Auch hier war das Label Music De Wolfe Vorreiter.

15) Lewis Parker - The Unseen Trap (feat. John Robinson)
(The Unseen Trap 10", Project Mooncircle, 2010)

Bereits das Cover zu dieser limitierten 10-Inch lässt erahnen, dass hier lyrisches Kopfkino im Stile der 70er Jahre geschaffen erschaffen werden soll. Produzent und Rapper Lewis Parker wählte als Grundlage seiner Zeitreise konsequenterweise Library-Musik für den Titeltrack.



16) Brian Bennett - Image
(Image, KPM, 1974)

Das Original von Brian Bennett ist der Opener zu gleichnamigen Archiv-LP von KPM. In der Plattenhülle mit dem unscheinbaren grünen Cover steckt eine gelungene Zusammenstellung mit funky und jazzy Tunes, wie man es sich von einer guten Platte dieses Genres erhofft. Ob hier wohl wieder David Snell hinter der Harfe sitzt?

17) John Saunders - Myriad
(Stretch, Music De Wolfe, 1976)

Das Label Music De Wolfe steht bei Sammlern von Archivmusik nicht ohne Grund ganz hoch im Kurs. Die LP's heben sich von vielen anderen Labels dadurch ab, dass sie nicht wahllos zusammengestellte Tracks enthalten, sondern ein bestimmtes Thema oder die gleichen Arragments haben. Sie lässt sich eine Platte bequem durchhören ohne zu merken, dass es sich nicht um ein reguläres Album, sondern eine Library-LP handelt.

18) Alan Hawkshaw - The Nightrider - Cadbury's Milk Tray
(27 Top TV Themes & Commercials, Stereo 2 Stereo, 1972)

 Alan Hawkshaw zählt unbestritten zu den Ikonen der Library Musik. Seit den 60er Jahren hat der Pianist unzählige Scores für Radio- und Fernsehsendungen komponiert, von denen der Großteil bei KPM erschienen ist. "The Investigator" ist allerdings über Themes International erschienen, einem von Library-Kollege Alan Parker gegründeten Label. Nebenher war Hawkshaw als Studiomusiker tätig und nahm unter anderem mit David Bowie, Serge Gainsbourg und Cliff Richard auf.

19) John Scott - Face of Danger / Face of Great Danger
(Thriller, Bruton, 1979)

Bruton Music ist ein britisches Label für Production Music, das von Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre viele Library-Platten veröffentlicht hat. Mitlerweile wurde es wie viele andere Labels von Universal aufgekauft und gehört dem Zusammenschluss Production Music Online UK an, indem über 70.000 Musiktitel verwaltet werden. Darunter befindet sich auch Musik des britischen Komponisten John Scott, der seit Beginn des Library-"Booms" Anfang der 60er Jahre für diverse Musik-Verlage wie Bruton oderKPM geschrieben hat.



Wenn ihr noch mehr Library-Musik hören möchtet und nicht bis zur nächsten Sendung im Oktober warten könnt, dann schaut im Sendearchiv nach der Juni-Ausgabe 2011. Da hatte ich bereits 60 Minuten Production-Music im Programm.