Wednesday, February 15, 2012

Sendung 12 - Februar '12

Die Februar-Ausgabe ist thematisch gesehen die kurioseste aller DITC-Sendungen. Euch erwarten rare und obskure Auswüchse des Space-Age, der goldenen Ära der bemannten Raumfahrt. Viele Künstler setzten sich zwischen 1957-1980 mit dieser Materie auseinander und schufen auf ganz unterschiedliche Weise Musik, die ihrer Zeit um Lichtjahre voraus war. Freut euch auf ein kosmisches Klangspektrum von Cha Cha Cha und Krautrock, bis Freejazz, Spacedisco und natürlich schwer aufzutreibende Science-Fiction Soundtracks.



1. Stardrive - Jupiterjump
(Stardrive, Columbia, 1974)

Die Ausgabe startet raketenartig mit abgedrehtem Synthie-Fusion von Stardrive. Im Zentrum des gleichnamigen Albums stehen der Keyboarder und Soundtüftler Robert Mason und sein selbst gebauter Synthesizer namens Stardrive. Das Mason die Maschine namentlich in den Vordergrund stellt, zeigt deutlich in welche Richtung sich die LP bewegt. Es geht um die Verquickung von Mensch und Technik, um die Formung einer Einheit. "Jupiterjump" ist ein klares Statement dafür, dass ihm dies auf unkonventionelle Art gelungen ist.

2. Virginie Rodin - Commando Spatial
(Single EP, Decca, 1966)

Im Gegensatz zu Deutschland übernimmt man in Frankreich meist keine englischen Begriffe, sondern überlegt sich lieber eigene. Das ist heute so, war aber in den 60er Jahren nicht anders. Als der Beat-Welle durch Gruppen wie The Beatles auf das europäische Festland schwappte und von tosenden "Yeah, Yeah!"-Rufen der Fans begleitet wurde, entwickelte sich daraus der Begriff der "Yé Yé"-Musik. In diese Sparte fällt auch die Musik von Virginie Rodin, die für die B-Seite ihrer Decca-EP eine Coverversion von Peter Thomas' Titelmelodie zu Raumpatrouille Orion aufgenommen hat. Im Gegensatz zum wortlosen Original hat sie ihre Version jedoch auch noch mit einem amüsanten Text unterlegt.

3. Peter Thomas - Stars and Rockets
(Chariots of the Gods, Polydor, 1970)

Der bekannteste Song von Peter Thomas ist sicherlich die Titelmusik für Raumpatrouille Orion. Die Fernsehserie, die in den 60er Jahren für das ARD produziert wurde, ist Kult bei Science-Fiction-Fans und Weltraum-Nerds. Die Musik, die er für die Doku "Chariots of the Gods" (deutscher Titel: Erinnerungen an die Zukunft) aufgenommen hat, ist dagegen in Vergessenheit geraten. Dies mag an Erich von Däniken liegen, der in der Buchvorlage für den Film die These aufstellte, dass die tempel vieler Hochkulturen nur mit Hilfe außerirdischer Mächte gebaut werden konnte. Heute können die meisten über solche Spekulationen nur müde lächeln, damals reichten solche Inhalte aber um den oscar für die beste Dokumentation zu gewinnen.



4. Science Fiction Corporation - End of the Robot
(Science Fiction Dance Party, Poulär, 1968)

Der Krautrock-Experte Ulrich Klatte zählt diese Platte eine der zehn obskursten LP's aus Deutschland. Und tatsächlich scheint für diese Produktion der Spaß eher im Vordergrund gestanden zu haben als der musikalische Anspruch. Dies zeigt sich auf Songs wie "End of the Robot", in dem Robbie, der Roboter aus dem Science-Fiction-Film "Alarm im Weltall", den Auftrag bekommt Perry Rhodan, den Weltraumhelden der gleichnamigen groschenhefte umzubringen. Hinter diesem Projekt verbergen sich die Library-Musiker Horst Ackermann und Heribert Thusek, die auch schon für die rare "Dracula's Music Cabinet"-LP zusammen gearbeitet haben.

5. The Ames Brothers - Destination Moon
(Destination Moon, RCA Victor, 1958)

Die Crooning-Band The Ames Brothers sind ein hervorragendes Beispiel für die Allgegenwärtigkeit von Science Fiction Ende der 50er Jahre. In Amerika gab es einen regelrechten Hype um alles was mit Sternen, Ufos und Raketen (Vorsicht: Doppeldeutigkeit) zu tun hatte. Die Unterhaltungsindustrie stellte sich auf diesen neuen Trend ein und peppte sogar schmalzige Liebesballaden mit Raumschiffen und fremden Planeten auf. Für The Ames Brothers war es der erfolglose Versuch sich zurück ins Showbiz zu beamen, nachdem immer mehr Teenager Rock'n'Roll hören wollten und ihre Musik nicht mehr angesagt war.


6. Anthony King - Galactic Warfare
(Lost Star, Peer International, 1978)

Zu der LP und dem Komponisten sind mir nicht viele Infos bekannt. Das Label Peer International ist dafür aber eine Hausmarke. Es gehört ohne Zweifel zu einem der gefragtesten Library-Label, auf welchem in den 70ern viele Archivmusik-Scheiben erschienen sind, die aufgrund ihrer Funk- und Breakbeats bei DJ's sehr gefragt sind.

7. Gäa - Uranus
(Auf der Bahn zum uranus, Kerston, 1974)

Nach einem Auftritt fragte der Produzent Alfred Kersten die Band, ob sie nicht Lust hätten eine Platte in seinem Studio nahe Stuttgart aufzunehmen. Als die Musiker dort ein paar Wochen später ankamen, "standen jedoch gerade die Flippers im Studio, bei brütender Hitze mit geschlossenen Anzügen. Auf den nächsten Tag vertröstet, mußte man dann aber schon wieder einer anderen Gruppe den Vortritt lassen, da Fred Kerstens anfängliche Begeisterung für Gäa wohl etwas nachgelassen hatte. Zurückschicken konnte er sie allerdings auch nicht, und so wurden die Aufnahmen dann an einem Samstag in aller Hast und ziemlich lustlos von ihm durchgezogen. Mit dem Ergebnis war die Gruppe dementsprechend unzufrieden. Trotzdem wurden die Stücke 1974 als LP "Auf der Bahn zum Uranus" (Kerston 65014) in Kleinstauflage veröffentlicht." Nicht wenige Krautrockfans sehen in der Platte eine der überschätztesten LP's überhaupt. Denn trotz der minderwertigen Aufnahmen wird sie für circa 600€ gehandelt.

8. Alain Goraguer - La femme
(La planète sauvage, Pathé Marconi, 1973)

Dieser Film genießt nicht zuletzt wegen des Scores von Alain Goraguer Kultstatus bei Sammlern und Filmfans. Es handelt sich dabei um einen animierten Science-Fiction-Film, der in einer surrealistischen Welt stattfindet, die Bildern von Dali ähnelt. Die großartige Musik, die diesem Striefen seine unvergleichliche Atmosphäre verleiht, kann als Mischung von Pink Floyd und Isaac Hayes beschrieben werden.
1973 wurde der Film mit dem Spezialpreis in Cannes ausgezeichnet.



9. Sun Ra - Love in outer Space
(Single, Saturn, 1975)

Sun Ra ist ohne Zweifel eine der schillernsten Musiker des 20. Jahrhunderts. Und das liegt nicht nur an den glitzernden Gewändern und Kopfbedeckungen, die er während seiner Auftritte trug. Vielen war seine Musik aber zu abstrakt, sodass er stets als Avant-Gardist galt, der nie ein großes Publikum erreichte. Nichtzuletzt aufgrund deiner exzentrischen Art, überdauerte seine Musik die Jahrzehnte und dringt in den letzten Jahren immer mehr ins Bewusstsein von Hörern, die neue Klangerfahrungen machen wollen. Das gesamte Werk von Sun Ra zu überblicken ist schier unmöglich, denn er nahm in seiner Karriere hunterte von Alben auf, von denen viele nur in einer sehr geringen Auflage erschienen, sodass viele heute als verschollen gelten. Die Single "Love in outer space" wurde 1975 über sein eigenes Label veröffentlicht und ist eine Vokalversion des gleichnamigen Songs vom Album "The night of the purple moon" (1970).

10. Sun Ra - Rocket Number 9
( Space is the Place, Blue Thumb, 1973)

Dieser Song befindet sich auf dem Album "Space is the Place". Es ist leicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Soundtrack zu Sun Ras Science Fiction Film von 1972, in dem er seinen Mythos auf sehr verquere aber faszinierende Weise darlegt. Der offizielle Soundtrack zum Film erschien aber erst zwanzig Jahre später, 1993.


11. Jimmie Haskell - Moonlight Cha cha cha
(Countdown, Imperial, 1957)

Ein weiteres Beispiel für die Anfänge des Space-Age's Ende der 50er Jahre. Jimmie Haskell spielt auf seiner Idee typische Tanz- und Popnummern und peppt diese mit spacigen Effekten und ungewöhnlichen Instrumenten auf. Diese LP macht deutlich wie beliebt und selbstverständlich das Weltraum-Thema in dieser Zeit war und selbst konventionelle Unterhaltungsmusik beeinflusste.


12. John Keating - Starcluster
(Space Experience 2, Stereo2Stereo, 1975)

Ein weiterer (Aus)Flug auf den Planeten Synthesizer erwartet uns auf den Space Experiemce-LP's von John keating, die er für das Library-Label Stereo2Stereo von EMI aufgenommen hat. Neben Neuinterpretationen von zeitgenössischen Popsongs (z. B. "Dreamer" von Supertramp) gibt es auch eigene Kompositionen wie Starcluster zu hören. Wer analoge Synthie-Sounds und spacige Arragments abfeiert, sollte sich diese LP definitiv zulegen.

13. Ramases - Earth People
(Space Hymns, Vertigo Swirl, 1971)

Was macht ein britischer Heizungsmonteur, wenn sein Geschäft nicht gut läuft und keine Aufträge mehr kommen? Richtig, er versucht sich als Folkinterpret und erzählt seinen Zuhörern er sei die Reinkarnation vom Pharaoh Ramases. Der Erfolg folgte prompt und Michael Raphael, wie Ramases mit bürgerlichem Namen heißt, bekam einen vertrag bei dem berühmten ProgRock-Label Vertigo Swirl.
Die LP hat ein schönes Artwork, mit 6seitigem Cover zum Ausklappen:


14. Sonora Casino - Astronautas a Mercurio
(Trompeteros, Descarga, 1972)

Die LP von Sonora Casino ist eine tanzbare Scheibe aus Peru, die besonders Break-Digger und Tanzbeinschwinger glücklich machen wird. 200 Euro sollte man aber mindestens in seinem Sparstrumpf versteckt haben, wenn man die Platte sein eigen nennen will.

15. Sherman Space - Countdown
(Single, Teldec, 1969)

"Die erste Perry-Rhodan-Schallplatte ist da! „Count down“ ist der Schlager für alle Perry Rhodan Fans. Diese Schallplatte ist eine Verbeugung vor dem Phänomen Perry Rhodan, der größten Science-Fiction-Romanserie der Welt, deren Gesamtauflage allein in Deutschland bei nahezu 500 Titeln bisher über 56 Millionen beträgt. Dazu kommen rund 5 Millionen Comic-Hefte, eine Verfilmung und Lizenzausgaben in Amerika, Frankreich und Holland. Über 600 Perry Rhodan-Clubs existieren in Deutschland, die Zahl der Perry Rhodan-Leser ist nicht abzuschätzen."
Noch heute begeistern die Hefte unter dem Titel Perry Rhodan Neo mit einer Auflage von 80.000 wöchentlich tausende Fans. Die Musik von Sherman Space huldigt dem Protagonisten auf eine sehr witzige Weise, wie ich finde. Kult!

16. Venus Gang - Space Inferno
(Galactic Soul, Epic, 1978)

In den späten 70er Jahren sanken die Preise für Synthesizer und wurden auch für kleinere Studios erschwinglich. Dies hatte zur Folge, dass immer mehr Produzenten mit elektronischen Klängen arbeiten konnte und diese vermehrt in Musikstücken verwendet wurden. Synthesizer waren schon lange nicht mehr der Avantgarde vorbehalten, sondern kamen auch für populäre Stile zur Anwendung, wie zum Beispiel Discomusik. Die Platte von der Gruppe Venus Gang ist eine rare LP, die man als Spacedisco bezeichnen kann. Produziert wurde sie in Italien (Stichwort: Italodisco).